Industriedienstleister

Ein Projekt der Superlative: Das größte jemals von KAUP gebaute Anbaugerät. Konstruiert und produziert in Rekordzeit. Projektlaufzeit zwischen Erstkontakt und Indienststellung nicht einmal ein Jahr. Ein Projekt, das viel mehr ist als zwei Drehgeräte mit jeweils 45 Tonnen Tragfähigkeit – ein Meilenstein für KAUP.

Zwei Riesen in Rekordzeit

Es liegt Salzgeschmack in der Luft. Man kann das Meer erahnen. Ein Windrad dreht sich auf dem Deich. Direkt an der Nordsee, nordwestlich von Amsterdam. Doch hier gibt es nicht nur Touristenidylle, sondern auch das einzige Stahlwerk der Niederlande befindet sich hier. Genauer gesagt in IJmuiden, in der Provinz Noord-Holland. Über 8.000 Menschen arbeiten diesseits des Deichs auf der Fläche einer mittelgroßen Kleinstadt. Und zahlreiche Industriedienstleister sind auf dem Areal tätig und kümmern sich beispielsweise um die Entsorgung und Weiterverarbeitung der bei der Stahlproduktion entstehenden Schlacke. Sie ist ein Nebenprodukt der Stahlherstellung und wird beispielsweise als Untergrund im Straßenbau eingesetzt.

Grafitstaub in der Luft

In der Vergangenheit wurde die Schlacke in großen Gießtiegeln gesammelt und an den Rand des Werksgeländes gefahren. Dort entleerten massive Brückenkräne die Behälter unter freiem Himmel, damit die Schlacke sich vor der Weiterverarbeitung abkühlen konnte. Nachteil dieser Methode: massive Graphitstaubentwicklung, unter der vor allem die Bewohner der Nachbargemeinde Wijk aan Zee zu leiden hatten. Und der anfallende feine Grafitstaub ist nicht nur schmutzig. Er enthält auch zahlreiche Schadstoffe wie Mangan, Blei und Vanadium. Anhaltende Bürgerbeschwerden führten deshalb dazu, dass die bisherige Methode von der Regionalregierung im Frühjahr 2019 verboten wurde.

Prozesse komplett umgestellt

„Wir waren also gezwungen, zeitnah etwas zu tun“; erklärt ein Projektbeteiligter, „und beschlossen, den bisherigen Prozess komplett umzustellen.“ Die Lösung? Der Bau einer neuen Halle, um so  die Staubbelastung mit komplexen Filteranlagen auf null zu reduzieren.

Gleichzeitig wollte der Kunde von KAUP die Schlackenentsorgung nicht nur sauberer, sondern auch moderner und zukunftssicher gestalten. Individuelle Transportbehälter, sogenannte Skips, sollten die althergebrachten Gießtiegel ersetzen. „Daraus entstand aber für uns ein neues Handlingsproblem“, berichten weitere Projektbeteiligte. „Schließlich können die Skips bis zu 23 Tonnen Schlacke aufnehmen und sollten nicht von einem stationären Gerät, sondern einem Gabelstapler entleert werden.“ Zudem böte ein Gabelstapler noch weitere Anwendungsmöglichkeiten. „Doch bisher gab es kein so großes Anbaugerät für Gabelstapler, das unseren Anforderungen entsprach“, erläutert der Entsorgungsprofi weiter, „und so kam KAUP ins Spiel.“

Anspruchsvolle Konstruktion und Produktion

Der Industriedienstleister kontaktierte KAUP zum ersten Mal im Frühjahr 2019. Von da an ging es ganz schnell. Intensiver Austausch zwischen einem kleinen Konstruktionsteam von KAUP und den anderen Projektbeteiligten folgte. „Und dabei wurden wir mit ein paar interessanten Herausforderungen konfrontiert“, berichtet KAUP-Konstrukteur Bernd Ackermann. „Die Größe des Geräts und der enge Zeitrahmen waren zwei Aspekte“, so Ackermann weiter. „Die angepasste Flanschanbindung und der komplett neue Schweißanschluss zwei weitere ausschlaggebende Faktoren“, erklärt der erfahrene Konstrukteur weiter. „Denn so etwas hatten auch wir in der Form noch nie konstruiert.“ Doch nach etwa zehn Wochen – im Oktober 2019 – konnte mit der anspruchsvollen Produktion begonnen werden. So mussten beispielsweise die Gabeln langwierig von Hand an die riesige Grundplatte geschweißt werden. Dies sogar zwei Mal. Denn schließlich orderte der Kunde zwei 60T391.

Nach intensiven Tests an kaupeigenen, extra für dieses Projekt gebauten, Prüfständen verließen die über 13 Tonnen schwere Drehgeräte Anfang Februar 2020 das Werksgelände in Aschaffenburg. Anschließend ging die Reise zunächst nach Polen. Dort wurden die Anbaugeräte, die 4.600 mm breit und 3.475 mm hoch sind, an riesige Kalmar-Stapler montiert. Anschließend führte der Weg nach IJmuiden. Allein diese logistische Herausforderung war enorm. Denn die fertiggestellten Stapler mussten für den Transport teilweise wieder demontiert werden. Ansonsten hätten diese nicht auf die LKW gepasst. Auch so waren je Stapler vier Trucks für den Transport in die Niederlande nötig.

Dort sind sie seit Mitte 2020 täglich im Einsatz und haben seither mehrere tausend Ladezyklen absolviert. „Unsere anfängliche Begeisterung besteht nach wie vor, denn die nun eingesetzte Lösung entspricht allen gestellten Anforderungen“, fassen Verantwortlichen in den Niederlanden das Projekt zusammen. Sie sind „froh, dass wir dieses herausfordernde Projekt so umsetzen konnten“.

Aktueller Prozess

Wie sehen die Ladezyklen aus beziehungsweise wie ist der neue Entsorgungsprozess gestaltet? Die neuen Skips werden im Stahlwerk automatisch 24/7 mit Schlacke beladen. Um die Skips leichter zur Entleerungshalle transportieren zu können, gibt es einen speziellen LKW-Anhänger – eine sogenannte Transportkassette. Zwei Skips passen in die Kassette. Eine Terminal-Zugmaschine bringt sie in die Nähe der Halle. Ein Kalmar-Stapler nimmt die vollen Skips auf und fährt sie nacheinander in eine überdachte offene Lagerhalle. Dort verbleiben die vollen, noch heißen Behälter um abzukühlen und die Weiterverarbeitung zu ermöglichen. Und die startet mit dem Entleeren der Skips in der neuen Fabrikhalle. Dort stehen nicht nur große Nebelanlagen, die in der Halle für eine permanente Luftfeuchtigkeit sorgen, um den entstehenden Staub zu binden. Auch die Schlacke-Abladestelle mit gewaltigen Absauganlagen und einem hochmodernen Filtersystem befindet sich dort. Die viereckige Stelle befindet sich direkt am Hallenrand. Zwei Seiten sind geschlossen und zwei haben eine Öffnung. Diese werden genutzt, um an der einen Seite die heiße Schlacke einzubringen und an der anderen den erkalteten Rest abzutransportieren.

Der Ablagevorgang ist dann recht simpel. Ein Kalmar-Stapler transportiert den vollen Skip zur Ablagestelle. Währenddessen fährt dort langsam ein großer Vorhang herunter und verschließt die dritte Seite der Abladestelle. An der verbliebenen vierten Seite steht nun die Stapler-Anbaugerät-Kombination. Bevor es weitergehen kann, findet noch eine Temperaturmessung statt. Nur wenn sie die richtige, also niedrige Temperatur misst, gibt eine Ampel die Entladung frei. Anschließend treibt die Hydraulik des großen Kalmars das 60T391 an. Der volle Skip dreht sich. Bei etwa 90° greift die Physik. Die tonnenschwere heiße Schlacke fällt mit einem Schlag auf den Boden und lässt ihn beben. Staub entsteht. Doch außerhalb der Abladestelle merkt man davon nichts, denn er wird sofort abgesaugt und gefiltert. Das Drehgerät bringt den nun leeren Skip wieder in die Ausgangsstellung zurück. Er steht nun für einen neuen Beladungszyklus bereit.

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